Es sind augenscheinlich sehr unterschiedliche Themenfelder, denen sich Troels Wörsel (*1950 in Aarhus) in jüngster Zeit gewidmet hat: Der Garten als Landschaft, das Bild als Objekt und die Welt der Quantenphysik. Doch wie er selbst sagt, existieren seine Sujets nicht völlig beziehungslos, vielmehr bedingen sie einander. Das Eine ist die Reaktion auf das Vorausgegangene und manchmal entstehen sie auch parallel: Ein filigranes mit Blattgold überzogenes Objekt, dessen inneres Relief wie ein Gebirge wirkt, das man vom Flugzeug aus sieht; hier bildet es einen Krater, dort kleine Wellen von Gesteinserosionen und ist fragmentarisch eingerahmt durch einen handgefertigten, florentiner Holzrahmen, der im Œuvre des dänischen Künstlers bereits eine Rolle spielt. Dieser Rahmen ist seiner typischen Eigenschaft eindeutig enthoben, als verzierendes Element, das mit dem inneren Bild keine Verbindung eingeht. Symbiotisch verschmelzen Bild und Objekt, Schmuck und Skulptur, Innen und Außen, Inhalt und Form. Es ist entgrenzt.
Die Motivik der kleinen Brücke oder des satt grünen Gartens laden den Rezipienten ein, sich auf eine Gedanken versunkene Reise zu begeben. Dynamisch und expressiv zelebrieren die violetten Bilder den ‚Augenblick‘, das ‚Plötzliche‘. Es entstand eine ganze Serie dieser Arbeiten in Pietrasanta, Italien, die, wie aus einem Guss, das flüchtige Moment mit weichem, cremigem Duktus auf die Leinwand bannen. Es fällt nicht schwer, sie als Gegenpol zu den meditativen, komplexen Gartenbildern zu sehen. Bei solch üppigen Gärten, deren mediterrane Fauna natürlich wuchert, fühlt man sich an die Naturbeschreibung von Max Frisch erinnert „Wo man hinspuckt, keimt es!“[1]
Und was hat es mit den großformatigen, lindgrünen Leinwänden auf sich, in denen das Weiß als konzentrierte Ansammlung flauschiger Wolkenknäule explodiert, während sternförmige Strahlenbündel die Fläche kristallin durchdringen. Die an Tiefe gewinnende Fläche teilt sich in irrationale Muster. Was gewinnt die Oberhand, das Chaos oder die Struktur? Auffällig ist auch die mechanische Verschränkung im Zentrum, die das Werk in einen oberen und einen unteren Bereich teilt. Was sich hier auf subtile und abstrahierte Weise verbildlicht, ist die (spukhafte) Quantenverschränkung, in der Teilchen über Lichtgeschwindigkeit Informationen austauschen können, was der Einstein’schen Theorie (dem EPR-Paradoxon) widerspricht. Diese sogenannte ‚Bell’sche Ungleichung‘ verlangt nach Nicht–Lokalität, was soviel bedeutet wie „Realität ist nicht lokal“[2]. Dieses wissenschaftlich belegte Phänomen steht in jedem Widerspruch zu dem, was der Mensch unter Realität und Raum und ihrer Beziehung zueinander versteht. Es öffnet unfassbare Möglichkeiten an naturwissenschaftlichen, aber auch metaphysischen und philosophischen Fragen und Ideen, so dass ihre bildliche Umsetzung in eine kongruente, malerische Metapher geradezu genial ist.
Text von Felicitas Kirgis
[1] Frisch, Max: Homo Faber, 1. Aufl, 1977
[2] "Physics: Bell's theorem still reverberates", in: Nature 510, S. 467-469, 2014, https://www.spektrum.de/news/kontroverse-korrelationen/1302714 (2018-05-08)