





























Ausstellungsansicht, Jahn und Jahn, München, 2019
Collage, Ölkreide, Kugelschreiber auf Briefumschlag
30,8 x 22,8 cm
Ausstellungsansicht, Jahn und Jahn, München, 2019
Collage, Plakatabriss und rotes Papier, Ölkreide, Bleistift
27,5 x 32,2 cm
Collage, Briefpapier, beschriftete Papiere, Ölkreide, Bleistift, Graphit, Tinte, Kugelschreiber, Öl
27 x 20 cm
Ausstellungsansicht, Jahn und Jahn, München, 2019
Bleistift und Graphit auf Papier
65 x 50 cm
Ausstellungsansicht, Jahn und Jahn, München, 2019
Bleistift, Buntstift, Graphit auf Papier
65 x 50 cm
Ausstellungsansicht, Jahn und Jahn, München, 2019
Ausstellungsansicht, Jahn und Jahn, München, 2019
Ausstellungsansicht, Jahn und Jahn, München, 2019
Ausstellungsansicht, Jahn und Jahn, München, 2019
Ausstellungsansicht, Jahn und Jahn, München, 2019
Acryl auf Graupappe
24 x 21 cm
„Ein Strich muss grober sein als die Empfindung, ein Satz simpler als der Gedanke, das Bild ärmer als das Gesehene. Aber sie müssen Fülle wecken.“ [1]
Die besondere Faszination des künstlerischen Werks von Karl Bohrmann liegt in ihrer betonten Einfachheit. Scheinbar beiläufig besiedeln Landschaften mit Bäumen, Himmelserscheinungen oder Häusern ebenso seine Bilder wie Räume mit Tisch, Fenster, Lampe oder Stuhl. Während seiner 50-jährigen Schaffenszeit hat der Künstler alltägliche Sujets in Zeichnungen, Graphiken, Malereien und Fotografien ausgelotet. Galerie Jahn und Jahn präsentiert nun in Zusammenarbeit mit dem Bohrmann-Nachlass, den sie seit 2007 vertritt, drei abgeschlossene Werkgruppen: Neben einer Serie in Acryl sowie Collagen werden Zeichnungen von 1961 bis 1963 gezeigt, in denen dichte, flimmernde Liniennetze das Papier überziehen. Sie bündeln sich in Knotenpunkten, nur um an anderer Stelle mit vakanten Flächen oder zarten Aquarell-Partien einen spannungsreichen Kontrast zu bilden. „Striche sind Spuren, [...] sie vermitteln genau das Tempo, die Vehemenz, das Zögern, die Unsicherheit, den Impetus des Überzeugtseins, das Abwägen, Überlegen, plötzliche Klarheit, den Irrtum, die Korrektur, die wechselhaften Stadien [...]“. [2] Bohrmann begreift das Medium der Zeichnung als „Brief, Plan, Partitur“ [3]; die Linie selbst avanciert zum Akteur. Es verwundert kaum, dass das zeichnerische Werk innerhalb des Œuvre einen hohen Stellenwert hat, manifestiert sich doch darin Unmittelbarkeit und Autonomie.
Im Unterschied zu den feinlinigen Strukturen der Zeichnungen treten die in Acryl gemalten Braunen Bäume vor blauem Himmel von 1996 durch einen energischen Pinselduktus hervor. In kräftigen Strichen fängt Bohrmann ganze Baumreihen ein, manchmal auch nur ein Zweier-Ensemble, ein einzelnes Exemplar oder die Baumkronen, die sich in den unteren Bildrand drängen. Die spontan-gestischen Setzungen spiegeln sich ebenso in dem blauen Himmel wider, der nicht gleichmäßig aufgetragen ist, sondern punktuell den Bildträger – Graupappe oder Leinwand – freilegt und an den Seiten ausfranst. Wie sehr Bohrmann das Medium Papier in seine künstlerischen Prozesse einbezieht, veranschaulicht die in der Ausstellung gezeigte Auswahl an Collagen aus den Jahren 1990 bis 1994. Der Künstler kombiniert darin Plakatabrisse, Briefumschläge, Luftpostpapier, fleckige, geknickte oder beschriftete Zettel mit Graphit, Bleistift, Ölkreide oder Acryl. Auch das Prinzip des Zufalls, wie es sein Lehrer Willi Baumeister wertschätzte, machte sich der Künstler zunutze. Neben Farbe, Form und Materialität werden seine Kompositionen durch das virtuose Zusammenspiel zwischen Flächen und Linien bestimmt: Frei-spielerische oder kaum sichtbare Strukturen stehen markanten Akzentuierungen gegenüber. Die zwischen Abstraktion und Figuration changierenden Werke lassen immer ein Gespür für Raumstrukturen erkennen. Der Künstler hat einen vielschichtigen Bilderkosmos geschaffen, der das Einfache mit dem Poetischen, das Ephemere mit dem Beständigen und das Stille mit dem Spontanen verbindet.
Karl Bohrmann (1928 Mannheim – 1998 Köln) absolvierte von 1948 bis 1949 ein Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Willi Baumeister, dem die Galerie Jahn und Jahn kürzlich eine Einzelausstellung widmete. Von 1972 bis 1980 lehrte er an der Städelschule in Frankfurt und war außerdem Leiter der Städel-Abendschule. Er nahm 1977 an der documenta teil und erhielt verschiedene Preise und Stipendien, zuletzt 1987 den in Düsseldorf vergebenen Kunstpreis der Künstler. Neben verschiedenen Einzelausstellungen, darunter in diversen Kunstvereinen, in der Städtischen Kunsthalle Mannheim, Mannheim, in der Villa Massimo, Rom, oder jüngst im Richard Haizmann Museum, Niebüll (mit Katalog), wurde das Werk Bohrmanns in verschiedenen Münchner Museen präsentiert: von der Städtischen Galerie im Lenbachhaus über die Staatliche Graphische Sammlung in der Neuen Pinakothek und in der Pinakothek der Moderne bis hin zur Bayerischen Akademie der Schönen Künste (jeweils mit Katalog).
[1] Bohrmann, Karl: Notizen 1972 – 1986. Frankfurt/Main 1988, 40.
[2] Bohrmann, Karl: Über das Zeichnen 2, April 1971, in: Karl Bohrmann. Akte des Zeichnens. Radierungen, Zeichnungen, Collagen, 1950–1980, Städtische Kunsthalle Mannheim, Mannheim 1981, 11.
[3] ebd. 10.