Als die erste Ausstellung in der Galerie Fred Jahn 1984 stattfand, war Heinz Butz kein junger Künstler mehr. 1925 in Dillingen an der Donau geboren, lehrte er zu diesem Zeitpunkt bereits seit 1967 an der Akademie der Bildenden Künste in München und hatte ein umfangreiches Œuvre geschaffen, das in seinem Atelier in aller Stille entstanden war. Er strebte nie nach öffentlicher Aufmerksamkeit oder wandte entsprechende Strategien an.
Der Beginn dieses einzigartigen künstlerischen Werdegangs liegt in der Reaktion auf die tiefgreifenden Erlebnisse, die Heinz Butz als junger Mensch im Krieg erfahren musste. Danach folgte er einem tiefen Bedürfnis, sich dem Schönen, dem „Schönsein der Dinge“ zuzuwenden, in der Natur zu sein und traf die für ihn einzig mögliche Entscheidung, Künstler zu werden. 1947 trat er in die Naturforschende Gesellschaft in Augsburg ein, die sich in ihren Naturstudien mit der Pflanzensoziologie und der Systematik beschäftigte. Anschließend besuchte er die Kunstschule in Augsburg, ab 1950 die Akademie der Schönen Künste in München. Damit kam zu dem Zeichnen nach der Natur das Aktstudium hinzu, die beiden Grundlagen, auf denen sein Werk im Wesentlichen basiert. 1983 erhielt Heinz Butz eine Professur an der Akademie in München, 1995 wurde er Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Er lebt und arbeitet in München.
In einem Interview äußerte Heinz Butz, dass er seinen Weg als Teil der Erkenntnis seines eigenen Seins beschreiben würde und ein Leitfaden sei die Erkenntnis aus Aristoteles Metaphysik gewesen, nichts hinter den Phänomenen zu suchen, da sie selbst die Lehre seien. Im Weiteren zitiert er dort Thomas von Aquin, der formulierte, dass in den Dingen die wirkliche und wahre Ordnung liege und sich von ihnen die Ordnung unserer Erkenntnis ableite. [1] „Nachahmung, Wahrnehmung und Anwendung“ bilden für ihn den Gleichklang, den er in all seinen Werken verfolgt. Immer wieder nimmt Heinz Butz Bezug auf philosophische und theologische Schriften und macht klar, dass auch er seine Rolle als Künstler innerhalb dieses „Ordnungsprozesses“ angelegt hat.
Durch die ständige und feine Beobachtung von Pflanzen und Körpern erhielt Heinz Butz eine ausgeprägte visuelle Erfahrung. Die Linie kristallisierte sich als bildnerisches Mittel heraus, das Werk bestimmend wurde. Anfänglich noch an den Gegenstand gebunden, hatte sich zu Anfang der Sechzigerjahre das Abzeichnen erschöpft und es formte sich Ungegenständliches. Er löste die Linie aus ihrem bekannten Umfeld heraus, sie wurde frei, eine autonome Form entstand. Wie Kandinsky, nahm er Punkte, Flächen, Körper und Bewegung dazu und entwickelte so ein Formenvokabular, mit dem er, gleich einer musikalischen Komposition, alles ausdrücken und darstellen konnte.
In den Sechzigerjahren entstanden parallel zu den Zeichnungen Objekte, die zunächst kaum Beachtung fanden. Erst aufgrund einer raumgreifenden Präsentation in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus 2015 änderte sich die Einordnung ihrer kunsthistorischen Bedeutung. Für die Objekte, die neben frühen Leinwandarbeiten in der aktuellen Ausstellung in der Galerie Jahn und Jahn gezeigt werden, ist die meditative Ruhe charakteristisch. Jede einzelne dieser Arbeiten unterliegt einer radikalen Reduktion des Bildaufbaus auf elementare Wahrnehmungsphänomene. Wie in den Zeichnungen, arbeitet Heinz Butz auch hier mit qualitativen Kategorien allgemeingültiger Wahrnehmungen wie oben/unten, rechts/links, gerade/gebogen, Ausdehnung/Kontraktion, Punkt/Linie, Fläche/Raum. Ausgehend von der jeweiligen Problemstellung, arbeitet er zumeist kleinformatig mit einfachen Materialien, geometrisch-konkreten Formen und schafft mittels präziser künstlerischer Interventionen perfekte Proportionen und kompositorische Harmonien. Die Farbgebung, mal reduziert, mal kraftvoll, ist unmittelbar auf die Themenstellung abgestimmt. Es sind irritierende, zum Teil doppeldeutige und erotisch konnotierte Objekte mit fetischartiger Aura, die eine unglaublich starke Sinnlichkeit ausstrahlen. In ihrer Schlichtheit und Stille entziehen sie sich dennoch der Alltäglichkeit und behaupten sich als reine Erscheinung.
[1] Christiane Hoffmans, Die Ordnung der Dinge, 2016 Düsseldorf