Hannes Heinrich versucht über das Medium Malerei, durch die Materialien Stoff, Staub und Farbe, seine persönliche Wahrnehmung zu überprüfen und der Idee von objektiver Wahrheit nachzuspüren. Die Raster sowie Kohle-Zeichnungen und Verwischungen entstehen meist, bevor die Leinwand auf den Aluminium-Rahmen aufgespannt und grundiert wird. Heinrich sammelt Abdrücke von Körpern und Gegenständen, indem er sie mit dem weichen Leinwandstoff zudeckt, umwickelt und mit Kohlenstaub abreibt. Die gesammelten Spuren (Stuhl, Hemd, Fenster etc.) werden durch das Aufspannen zur Fläche und zu einem Bild. Über den Malprozess mit Ölfarbe ordnet Heinrich die Bildkomposition, entscheidet, was sichtbar bleibt, was verschwinden, was verbunden und was getrennt wird. Mit Tusche-Rastern tastet der Künstler die Bildoberfläche systematisch ab, zerschneidet so das Bild, beeinflusst und verlangsamt seinen Malprozess. Erst wenn jede Stelle der Leinwandoberfläche bearbeitet ist, wird das Bild als ein Ganzes erfahrbar. Das dabei entstehende Farbgewebe erschwert es, in gedachte Bildräume abzutauchen und führt immer wieder an die Bildoberfläche und in den tatsächlichen Raum zurück.
Heinrich untersucht anhand von Malerei die theoretische Trennung von Repräsentation und Existenz eines Objekts. Wo ist die Grenze zwischen Wesen und Erscheinung, und wie ist ein gemaltes Bild einzuordnen? Die Repräsentation wird zur eigenen Existenz; Oberfläche wird zu Inhalt und Inhalt zu Oberfläche. Diese Überlegungen werden zunächst ganz direkt auf Malerei bezogen, die Heinrich Möglichkeiten des Überprüfens und Experimentierens bietet. Daraus entsteht für ihn eine Notwendigkeit des Malens, die mehr Fragen stellt als Antworten gibt. Gleichzeitig lassen sich seine Fragen nicht von einem eigenen Begriff von Welt, Realität oder der Wahrnehmung dieser trennen. Das Persönliche ist immer auch allgemein, und umgekehrt wird sichtbar, wie das Allgemeine durch das Persönliche gefiltert wird.
Hannes Heinrich (geb. 1989 in Königsberg) studierte Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München bei Prof. Karin Kneffel sowie an der Slade School of Fine Arts (UCL), London. Werke des Künstlers wurden unter anderem bei Sotheby’s, München, im Salon der Gegenwart, Hamburg, in der Display Gallery, London, im Museu de Arte do Rio, Rio de Janeiro, und im Lenbachhaus, München, gezeigt.